Finger weg! Auch dieser sympathische Professor erklärt, was wir nicht essen sollen (Foto: FAZ).
Es scheint ein neuer Trend zu sein: Hitlisten der wichtigsten Dinge, die man NICHT essen sollte! Essen mit Minus-Aura, wie es in der Jugendsprache heißen würde. Problemprodukte, um die man lieber einen großen Bogen macht. Eigentlich eine gute Idee: Prüfet alles, und behaltet das Gute (das Böse aber tretet in die Tonne!). Doch Expertentipps sind bekanntlich mit Vorsicht zu genießen. Oft sind es ja nur Mythen und Irrtümer, fern aller Fakten, zum Schaden für uns und unsere Gesundheit? Also, was ist wirklich dran, an der Hitliste des Grauens?
Hier kommt die Top-Ten-Liste der Tabus – und was davon zu halten ist.
1. Finger weg von „ultra-verarbeiteter Nahrung“.
Das schlägt diese Woche der Ernährungsexperte und Medizinprofessor Andreas Michalsen vor (Foto: FAZ). Also: Schluss mit industriellem Fruchtjoghurt, Tiefkühlpizza, Fastfood aller Art. Diese Art von Nahrung gilt nach zahlreichen Untersuchungen als gesichert gesundheitsgefährdend, und zwar bei unglaublichen 32 Krankheiten. Eigentlich sollte man sie gar nicht Lebensmittel nennen, fordern Forscher. Es ist also sehr vernünftig, darum einen großen Bogen zu machen, der Gesundheit zuliebe. Das sei aber „einfacher gesagt als getan“, meint der sympathische Professor von der Berliner Charité. Denn diese Risikoprodukte sind allgegenwärtig, in Supermärkten, Kantinen, sogar Kindergärten und Schulen. Er schlägt deshalb vor, auf jeden Fall mal „zwei der ungesündesten Lebensmittel“ zu streichen. Damit wären wir bei den nächsten beiden Punkten.
2. Schluss mit Cola, Fanta, Red Bull & Co.
“Deren Konsum erhöht etwa das Risiko für Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Osteoporose, Depression“, sagt Professor Michalsen. Bei Millionen von Menschen führen sie nach wissenschaftlichen Untersuchungen jedes Jahr zu Krankheiten wie Diabetes, sogar zu vorzeitigem Tod. Sie stehen deshalb bei vielen Medizinern auf dem Index. Und zwar völlig zu Recht.
3. Ran an den Speck – weg mit der Wurst?
„In Studien erhöht der regelmäßige Verzehr von Wurst die Risiken für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes Typ 2“, sagt Experte Michalsen. Schon 2015 habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Wurstwaren als krebserregend eingestuft. Hier allerdings sind sich die Fachleute nicht ganz so einig. Es geht ja nicht nur um die Wurst, sondern auch um den fetten Frühstücksspeck, der etwa in den USA massenhaft verspeist wird und die Krankheitsraten in die Höhe treibt. Und das „Risiko chronischer Krankheiten und der Sterblichkeit“ hänge natürlich auch von der Dosis ab, meint Professor Frank Hu von der Harvard Universität im US-amerikanischen Boston, bekanntlich die höchste Instanz auf diesem Planeten für solche Fragen. Harvard hat also gesprochen, und der Fall ist klar: Nichts gegen ein bisschen Wurst ab und zu.
4. Wein oder Bier – und wenn ja, wie viel?
Die Medien überbieten sich ja derzeit in panischen Warnungen vor dem Alkohol: gefährlich ab dem ersten Schluck! Ihr Kronzeuge: ein kanadischer Suchtforscher und Anti-Alkohol-Aktivist. Andererseits sollen 23 Prozent der Gesundheitsvorzüge der Mediterranen Ernährung aufs Konto des Weines gehen. Wer darauf verzichtet, riskiert seine Gesundheit. Stets aufs Neue zeigen Studien, dass mäßiger Weingenuss gut ist fürs Herz und das Leben verlängert. Harvard-Forscher raten also auch hier zur Differenzierung, und zwar in einem Artikel mit der sinnigen Überschrift: „Ist Alkohol gut oder schlecht für Sie? Ja“. Denn Fakt ist: Suff schadet der Gesundheit. Abstinenz aber auch. Kultivierter Genuss jedoch ist gut, egal ob ein bisschen Bier oder Wein oder beides. Follow the science!
5. Vorsicht Transfettnäpfchen!
Industrielle Transfette stehen international seit langem in der Kritik und gehören daher auch auf den Index. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) begründet dies mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten und vorzeitiges Ableben: weltweit seien sie für etwa 500.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich. Solche Transfette sind auf dem Etikett als »Gehärtete Fette« oder »Fette, z.T. gehärtet« ausgewiesen. Sie können in industriellen Backwaren, Mikrowellen-Popcorn und anderen Produkten stecken. Sie wurden eigens von der Nahrungsindustrie erfunden, um flüssige Öle schnittfest zu machen, etwa für Margarine. Natürliche Transfette hingegen, die etwa in Milch und Sahne vorkommen, gelten als unbedenklich, ja sogar gesund.
6. Frühstückscerealien: Gutes Müsli, böses Müsli
Eigentlich gibt es nichts Besseres für die Gesundheit: das klassische Müsli des Schweizer Naturkost-Pioniers Maximilian Oskar Bircher-Benner. Doch mittlerweile wurde der Begriff von den Konzernen gekapert, und ihre Produkte aus den Pappkartons sind jetzt auf der Seite des Ungesunden zu finden, als „ultra-verarbeitete“, zuckerlastige und zusatzstoffhaltige Risikoprodukte. Aufgepasst also: Wenn’s ums Herz geht und um die Gesundheit, sind die selbstgemischten Haferflocken natürlich weiterhin die bessere Wahl. Also: das echte Müsli. Auf dem Index steht nur die Industrie-Version.
7. Saft aus dem Laden: auch nicht besser als zuckrige Limo
Vor allem Eltern glauben, bei „100 % Fruchtsaft“ handle es sich sozusagen um flüssiges Obst und mithin ein gesundheitsförderliches Lebensmittel. Doch mittlerweile sind Säfte sehr umstritten. Die Verwandlung von Früchten in Saft hat natürlich auch Konsequenzen, unter anderem für den Gehalt an Ballaststoffen und den Blutzuckerspiegel – und mithin für den Körper: Sie können dick machen, so eine Harvard-Studie vom vorigen Jahr. Sie können sogar krank machen und das Leben verkürzen. Hintergrund: Sie verändern offenbar das Mikrobiom im Darm, wie eine aktuelle Studie ergab. Fazit: Sie sind nicht als Obst, sondern eher als Softdrinks einzustufen - und mithin zu Recht auch auf dem Index gelandet.
8. Süßstoffe: Null Nutzen, hohes Risiko
Sie schmecken süß, haben aber keine Kalorien. Das galt lange als Vorteil, ist jetzt aber als Hauptgrund entlarvt für eine Fülle von Gesundheitsgefahren. Chemische Produkte wie Aspartam, Splenda oder das vermeintlich natürliche Stevia werden von vielen aus Gewichtsgründen verwendet – doch ausgerechnet dabei nutzen sie nichts, warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), mit einer umfangreichen Faktensammlung zu Risiken und Nebenwirkungen bis hin zu Krebsverdacht. Die zuständigen Aufsichtsbehörden allerdings in den USA und Europa wollen von einem Verbot bisher nichts wissen. Einen Platz auf der Hitliste des Grauens gibt’s trotzdem.
9. Risikowarnung: Mehr als fünf Zutaten!
Es ist eine sehr simple Regel, die der britische Kardiologe Aseem Malhotra aufgestellt hat. Der Herzspezialist hatte sich schon vor Jahren mit eigenständigen Positionen gegen Big Food positioniert und gilt heute als einflussreicher Experte für Öffentliche Gesundheit und Anwärter für einen herausragenden Posten in der künftigen US-Gesundheitsadministration. Er sagt: „Wenn ein Artikel aus einer Packung kommt und fünf oder mehr Zutaten enthält, ist er nicht erlaubt“ (Foto: Fortune). Tatsächlich ist das ein Hinweis auf starke industrielle Verarbeitung – doch die Tortellini von gestern Abend hatten auch mehr Ingredienzien, und dabei kaum Chemie. Also: Ein eher grobes Kriterium, das schnelle Orientierung bietet, aber nicht immer zielführend ist.
10. Wenn Aroma draufsteht, ist immer was faul
Das ist die wichtigste Quintessenz unserer jahrzehntelangen Recherchen. Denn der Geschmack ist so etwas die geheime Sprache der Gesundheit, der Geschmackssinn ist der wichtigste Kontrollsinn des Körpers. Wenn er manipuliert wird, hat das verheerende Folgen (Stichwort: Erdbeeraroma aus Sägespänen). Wer alles rausschmeißt, wo „Aroma“ draufsteht, ist in Sachen Genuss und Gesundheit schon einen großen Schritt weiter. Mittlerweile sehen das sogar Mediziner so, und verkünden es im quasi amtlichen Fernsehen (siehe hier). Das industrielle „Aroma“ ist ein wichtiges Erkennungszeichen für die gesichert ungesunde „ultra-verarbeitete“ Nahrung. „Achtet man nur auf das Wort Aroma, hat man deutlich mehr als die Hälfte der hochverarbeiteten Lebensmittel bereits identifiziert,“so ein Universitätsprofessor im TV. Wer es auf den Index setzt, hat mithin mehr vom Dasein: Mehr Geschmack, mehr Genuss, mehr gute Gefühle - und ein gesünderes Leben ganz generell.
Zum "Aroma": Auch das "natürliche Aroma" ist meines Wissens Cellulose, die durch eine Chemiefabrik gelaufen ist. Und auf das "natürlich"-Etikett dürften noch viele Zeitgenossen hereinfallen ...